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Da steckt so viel Musik drin!
Foto: RDN

Da steckt so viel Musik drin!

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Stefan Prott

Christina Kutschaty ist Technische Beigeordnete der Stadt Recklinghausen und Geschäftsführerin der Stadtentwicklungsgesellschaft Recklinghausen. Ihr Ziel: Stadtentwicklung, die über Baupläne hinausgeht – und Lebensqualität schafft.

Der Heidesee gilt als zukunftsweisendes Wohnprojekt. Welche konkreten Schritte unternehmen Sie, damit das Quartier für Menschen aus unterschiedlichen Lebenssituationen zugänglich bleibt?

Ein zukunftsfähiges Quartier braucht Vielfalt – sozial und strukturell. Beim Heidesee streben wir einen Anteil von rund 30 Prozent öffentlich gefördertem Wohnungsbau an. Wenn wir das schaffen, ist viel gewonnen. Wohnraum ist ein Grundrecht. Es darf nicht nur Notlösungen für Menschen in prekären Lebenslagen geben – wir brauchen flächendeckend Wohnraum, den sich breite Teile der Bevölkerung leisten können. Dazu zählen alternative Modelle: Genossenschaften, Mehrgenerationenhäuser – Konzepte, bei denen nicht die Rendite im Mittelpunkt steht. Wichtig ist mir: Es darf kein exklusives Viertel für wenige werden.

Am Heidesee wird auf eine neue Mobilitätsstrategie gesetzt. Was bedeutet das?

Das Quartier wird verkehrsarm gestaltet: Pro Wohneinheit ist ein Stellplatz vorgesehen, dazu kommen zentrale Parkmöglichkeiten. Ziel ist es, eine Mobilitätswende einzuleiten, auf moderne Alternativen setzt – etwa einen gut ausgebauten ÖPNV, sichere Rad- wege und neue Sharing-Angebote. Das Konzept bietet einen Rahmen, der verschiedene Lebenssituationen berücksichtigt und gleichzeitig nachhaltige Mobilität fördert.

Was macht den Heidesee für Sie besonders – und ist er übertragbar?

Ein Gelände wie die ehemalige Trabrennbahn bekommt man nicht alle Tage. Vielleicht ist es sogar eine Blaupause für künftige Projekte. Klar ist: An diesem Quartier werden wir uns messen lassen. Es braucht generell ein Umdenken. Die Stadt kann nicht ins Unendliche wachsen. Wir müssen dichter, klüger, nachhaltiger planen – und Mobilität von Anfang an mitdenken.

Welche Rolle spielten Eigentum und Bauformen?

Natürlich ist Eigentum legitim. Aber es sollte zur Lebensrealitäten passen. Oft sehe ich versiegelte Gärten, weil die Pflege fehlt. Da frage ich: Warum nicht gleich eine Eigentumswohnung? Gleichzeitig müssen wir den Bestand mitdenken. Viele Einfamilienhausgebiete aus den 50er- bis 70er-Jahren sind nicht barrierefrei. Dort wohnen ältere Menschen, die im Quartier bleiben wollen – und das sollten wir ermöglichen. Denn wie man so schön sagt: Alte Bäume verpflanzt man nicht.

Wie definieren Sie attraktive Stadtentwicklung – auch über das Wohnen hinaus?

Attraktive Stadtentwicklung bedeutet für mich, Historisches zu bewahren und gleichzeitig neue Impulse zu setzen. Wir brauchen eine moderne, klare Architektursprache und hohe gestalterische Qualität – echte Leuchtturmprojekte. Es muss (neue) Gründe geben, beispielsweise die Altstadt zu besuchen. Und am Ende kommt es auf uns alle an: Jede und jeder sollte das eigene Konsumverhalten hinterfragen. Wer bequem vom Sofa aus bestellt, braucht sich nicht wundern, wenn der Einzelhandel stirbt. Wir sind keine Planwirtschaft. Die Stadt kann den Rahmen setzen – mit Leben füllen müssen ihn die Menschen vor Ort. Da steckt so viel Musik drin.

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